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Definition und Einfluss des Emissionsgrades bei der berührungslosen Temperaturmessung

Einleitung

Bei der berührungslosen Temperaturmessung wird die von dem Messobjekt ausgesandte Infrarot- oder Wärmestrahlung von einem Pyrometer erfasst. Das Pyrometer berechnet aus der empfangenen Strahlung nach der Planck'schen Strahlungsgleichung die Temperatur. Die Höhe der Strahlung ist maßgeblich vom Emissionsgrad des Messobjektes abhängig. Doch was ist eigentlich unter dem Emissionsgrad zu verstehen und wie wirkt er sich bei der praktischen Messung aus? Wie läßt sich der Emissionsgrad bestimmen und wovon ist er abhängig? Welche Fehler können bei einen falsch eingestellten Emissionsgrad auftreten und wie lassen sich Messfehler minimieren. Diese und weitere Fragen werden im folgenden Beitrag erörtert.

Definition des Emissionsgrades

Die Höhe der Infrarot-/Wärme-Strahlung hängt neben der Temperatur auch von dem Messobjekt selbst ab. Die Fähigkeit eines Messobjektes, die von ihm aufgenommene (absorbierte) Wärmestrahlung wieder abzugeben wird durch den Emissionsgrad beschrieben. Ein idealer oder sogenannter „Schwarzer Strahler“ emittiert die gesamte von ihm aufgenommenen Strahlung. Ein realer Strahler gibt bei gleicher Temperatur eine geringere Strahlung ab als ein „Schwarzer Strahler“. Der Emissionsgrad ε ist das Verhältnis der Infrarot-Strahlung eines realen Messobjektes Φr zur Strahlung eines „Schwarzen Strahlers“ Φs.

ε = Φr / Φs

Somit ist der Emissionsgrad eine dimensionslose physikalische Größe zwischen 0 und 1 oder 0 und 100 %.
 
Zusammensetzung der vom Pyrometer erfassten Strahlung.

Abb. 1 Zusammensetzung der vom Pyrometer erfassten Strahlung.


Strahlung, die aus der Umgebung auf ein Messobjekt trifft, wird abhängig vom Reflektionsgrad des Messobjektes mehr oder weniger stark reflektiert. Die Wärmestrahlung folgt dabei den gleichen Strahlungsgesetzen wie das sichtbare Licht. Bei transparenten Objekten (Glas, Folien) kann zusätzlich Wärmestrahlung aus dem Innern des Messobjektes und aus dem Hintergrund kommen. Der Transmissionsgrad gibt den prozentualen Teil der durch ein Objekt dringenden Strahlung an. Die gesamte von einem Pyrometer erfasste Strahlung ΦΣ setzt sich wie folgt zusammen.

ΦΣ = ε * ΦO + ρ * ΦU + τ * ΦH

ε = Emissionsgrad
ρ = Reflektionsgrad
τ = Transmissionsgrad
ΦO = Objektstrahlung
ΦU = Umgebungsstrahlung
ΦH = Hintergrundstrahlung

Die Strahlungskoeffizienten sind über die Formel verknüpft:

1 = ε + ρ + τ

Für nicht transparente Objekte entfällt der Transmissionsanteil.

1 = ε + ρ

Einflussgrößen des Emissionsgrades

Der Emissionsgrad eines Messobjektes ist maßgeblich vom Werkstoff bzw. von der Oberfläche des Werkstoffes abhängig. Nichtmetallische und nichttransparente Objekte sind üblicherweise gute Wärmestrahler mit einem Emissionsgrad > 80 %. Bei Metallen kann der Emissionsgrad zwischen 5 und 90 % variieren. Je glänzender ein Metall desto niedriger ist der Emissionsgrad.

Des Weiteren kann sich der Emissionsgrad in Abhängigkeit der Wellenlänge ändern. Gerade bei Metallen ist diese Eigenschaft stark ausgeprägt. Die Strahlungsfähigkeit von Metallen steigt mit kürzer werdender Wellenlänge. Bei der Auswahl ist daher ein kurzwellig messendes Pyrometer zu empfehlen.
 
Material Messwellenlänge
Glas 4,8 µm
Kunststofffolie aus PE, PP, PS 3,43 µm
Kunststofffolie aus PET, PA, PUR 7,9 µm
Kalte Rauchgase 4,27 µm
Heiße Rauchgase 4,5 µm

Transparente Objekte wie Glas, Kunststoff oder Gase haben spezifische Wellenlängenbereiche, in denen sie gute Strahlungseigenschaften besitzen. Zur Temperaturmessung dieser Materialien sind Pyrometer mit speziellen Sensoren und Filtern auszuwählen, die auf dieser Wellenlänge empfindlich sind.

Bei Metallen und Glas ändert sich das Strahlungsverhalten außerdem in Abhängigkeit der Temperatur. Gerade durch Oxidation der Oberfläche von Metallen und durch den Wechsel von fest auf flüssig ändert sich der Emissionsgrad erheblich.

Der Emissionsgrad von Metallen nimmt mit steigender Temperatur zu. Bei Glas erhöht sich mit der Temperatur die Sichttiefe des Pyrometers und damit der Strahlungsanteil aus dem inneren Bereich.

Einfluss der Messumgebung auf den Emissionsgrad

In der Praxis kann Fremdstrahlung aus der Umgebung auftreten. Klassisches Beispiel ist die Messung eines kalten Bleches innerhalb des heißen Erwärmungsofens. Das Pyrometer erfasst zuzüglich zur Objektstrahlung auch die sich auf dem Blech reflektierende Wandungsstrahlung des Ofens. Je mehr sich die Objekttemperatur der Ofentemperatur nähert, desto geringer wird der Messfehler.

Zur Erfassung der wahren Objekttemperatur sind wassergekühlte Visierrohre einzusetzen. Diese dienen zur Abschattung der Störstrahlung von den Ofenwänden. Dabei sollte der Rohrdurchmesser mindestens das 6-fache des Messabstandes zum Objekt betragen, um einen ausreichend großen Schatten zu bilden.

Ermittlung des Emissionsgrades

In der Literatur oder den Bedienungsanleitungen findet man Angaben zum Emissionsgrad verschiedener Stoffe. Jedoch sind diese Angaben mit Vorsicht zu genießen. Wichtig ist die Information, für welche Wellenlänge und Temperatur der angegebene Wert gültig ist. Zudem sind es Werte, die unter idealen Messbedingungen gelten.

Unter realen Bedingungen kann die vom Pyrometer erfasste Strahlung zusätzlich auch aus der sich am Objekt reflektierten oder durchscheinenden Umgebungsstrahlung resultieren. Würde das Pyrometer auf den idealisierten Literaturwert eingestellt, zeigt es eine zu hohe Temperatur an.

Zur Anzeige der richtigen Temperatur ist der Emissionsgrad am Pyrometer auf einen größeren Wert einzustellen. Man spricht dann von einer künstlichen Erhöhung des Emissionsgrades. Durch eine Vergleichsmessung mit einem Kontaktthermometer lässt sich der tatsächlich einzustellende Emissionsgrad ermitteln. Natürlich hängt der Messfehler dann auch von der Genauigkeit der Kontaktmessung ab.

Alternativ kann bei Temperaturen bis ca. 250 °C auf das Messobjekt ein Aufkleber mit definiertem Emissionsgrad aufgeklebt werden.
 
Zuerst wird die wahre Temperatur auf dem Aufkleber ermittelt (Bild 2). Danach wird eine Vergleichsmessung unmittelbar neben dem Aufkleber durchgeführt und der Emissionsgrad am Pyrometer so eingestellt, dass der vorherige Messwert wieder angezeigt wird. Da der Emissionsgradeinfluss mit der Temperatur steigt, ist diese Vergleichsmessung bei höheren Temperaturen durchzuführen.

Bei hohen Objekttemperaturen oder unzugänglichen Messobjekten wie z.B. in einem Vakuumofen empfiehlt sich eine Vergleichsmessung mit einem sehr kurzwellig messenden Pyrometer, da aus physikalischen Gründen der Messfehler mit kürzerer Messwellenlänge abnimmt.

Ideal eignet sich dazu ein Intensitätsvergleichspyrometer (Bild 3). Das Messprinzip dieser Geräte basiert auf einem optischen Farbvergleich bei einer Wellenlänge von 0,67 μm. Zudem funktioniert das Messprinzip unabhängig von der Größe des Messobjektes.

Die Auswirkung bei einer Änderungen des Emissionsgrades oder Fehleinstellungen des Pyrometers sind in der Grafik Bild 4 dargestellt.
Ermittlung des Emissionsgrades durch eine Vergleichsmessung auf einem Epsidot.

Abb. 2 Ermittlung des Emissionsgrades durch eine Vergleichsmessung auf einem Epsidot.


Intensitätsvergleichspyrometer PV 11 zur genauen optischen Temperaturmessung.

Abb. 3 Intensitätsvergleichspyrometer PV 11 zur genauen optischen Temperaturmessung.


Messfehler in Abhängigkeit der Wellenlänge bei einer Strahlungsänderung von 1 %.

Abb. 4 Messfehler in Abhängigkeit der Wellenlänge bei einer Strahlungsänderung von 1 %.


Emissionsgradunabhängige Messung mit Quotientenpyrometern

Vor einigen Jahren kamen Pyrometer auf den Markt, die gleichzeitig bei zwei Wellenlängen die Strahlung erfassen. Der Quotient aus diesen beiden Strahlungen verhält sich proportional zur Temperatur. Wenn sich durch Änderung des Emissionsgrades die empfangene Strahlung der beiden Messkanäle ändert, bleibt der Quotient und damit die Temperatur trotzdem konstant. Dies gilt jedoch nur, wenn die Emissionsgradänderung für beide Kanäle identisch ist. In der Praxis ist eine Änderung bei Metallen nicht konstant. Quotientenpyrometer können dann sogar erheblich größere Messfehler als Einkanal-Pyrometer produzieren. Somit sei von der oft zitierten „ emissionsgradunabhängigen“ Messung mit Quotientenpyrometern gewarnt.

Messtechnische Vorteile hat ein Quotientenpyrometer wenn z.B. durch verschmutzte Schaugläser oder Staub im Sichtfeld die Strahlungsenergie beider Kanäle in gleichem Maße geschwächt wird. Die Temperatur wird weiterhin richtig angezeigt.

Bei kritischen Messbedingungen empfiehlt sich die parallele Betrachtung der beiden spektralen Temperaturwerte und der Quotiententemperatur. Je nach Ergebnis läßt sich das Pyrometer auf das bessere Messverfahren einstellen.

Fazit

Bei der Auswahl eines Pyrometers wird großes Augenmerk auf die im Prospekt spezifizierte Messunsicherheit gelegt. Doch bei der berührungslosen Temperaturmessung hängt der auftretende Messfehler im Wesentlichen von den messtechnischen Eigenschaften des Messobjektes und den Umgebungsbedingungen ab. Nur zu einem geringen Teil wirkt sich der gerätespezifische Messfehler aus. Daher sind sowohl bei der Auswahl der Pyrometer als auch bei der Festlegung der Messstelle die oben beschriebenen Zusammenhänge zu beachten.
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